Sonntag, 2. Mai 2010

10 Siena

Es regnet, nicht nur so ein bisschen, sondern volle Pulle! Das sieht hier zwar „hübsch“ aus, ist aber ganz schön ungemütlich. Unsere spontanen Pläne Richtung etruskische Riviera werfen wir im wahrsten Sinne über Bord und ziehen den Städtetrip nach Siena einen Tag vor. Aber zuerst halten wir noch einmal in Volterra, wo Yvonne ihr Interview mit der Touristiktante führt und Franz nochmal im Enj@y enjoyt. Gestärkt mit doppeltem Kaffee Macchiato schippern wir dann die gut 50 km gen Siena.


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Nachdem wir Bilder vom Stadion im Internet gesehen haben, begräbt selbst Franz den spontanen Funken, das Erstliga-Match zwischen Siena und Palermo zu besuchen. Siena ist eh nicht bekannt für seinen Fußball, sondern für Dom, Uni, Piazza del Campo und seinen Jahrhunderte alten Konkurrenzkampf mit Florenz. Auf Touristen ist man hier scheinbar eingestellt. Vom Parkhaus führt eine fünfteilige Rolltreppe bis kurz vor den Duomo in der hochgelegenen Altstadt – wie praktisch!

Es ist nass, es schüttet, also nichts wie rein in die edle Zebra-Kathedrale. Nur vor die Andacht hat Gott die Kasse gesetzt. Zwölf Tacken will man hier für den Eintritt sehen. Wir durchwühlen unsere Brieftaschen nach Ausweisen von Wert, also Rabatten, und ziehen den Joker: Der deutsche Schwerbehindertenausweis did the trick ohne ein Wort Englisch drauf, und auch die Begleitperson darf umsonst mit rein.


Der Dom ist wirklich eine Pracht, auch wenn man nicht den Eindruck hat, dass er noch in seiner eigentlichen Funktion in Benutzung ist. Den Fußboden schmücken ganze Szenen aus Marmorintarsien in schwarz – weiß – rot. Entlang des Hauptschiffes säumen an der Decke hunderte von Steinportraits die Seiten und besonders hat es uns natürlich wieder die kleine Bibliothek angetan, in der riesenhafte Gesangsbücher aus dem 15. Jhd., deren Seiten aus dünnen Leder sind, ausgestellt werden. Jede Menge Tierfiguren schmücken außerdem bunte Fahnen und Fresken und das hat seinen Grund: Alljährlich findet in Siena ein traditionelles Pferderennenspektakel auf der Piazza del Campo statt. Die zehn Stadtteile, repräsentiert von zum Beispiel Gans, Eule, Elefant, Einhorn oder Drache, treten gegeneinander an. Pferd und Reiter werden dabei im Losverfahren zusammengeführt, siegen kann aber nur der Gaul und das zur Not auch ohne Reiter. Dafür bekommt es dann auch einen eigenen Platz an der Tafel beim Festessen.

Im Moment sind aber weder Ross noch Reiter zu sehen, eher regnet es cats and dogs und daher ziehen wir mit unserem Superticket gleich noch weiter in das gegenüber befindliche Museum. Es ist bekannt für seine alten Fresken und da gleichzeitig eine Chorprobe stattfindet wird die sakrale Kunst äußerst stimmungsvoll untermalt. Interessant ist, dass es in Siena bereits im 14. und 15. Jahrhundert ein Gemeinwohlwesen gab, das nach heutigen Maßstäben (wieder) vorbildlich ist. Die Kirche wirkte hier als Hospital, half mit Armenspeisung und nahm sich verlassener Kinder solange an, bis diese mit Ausbildung im Beruf standen oder verheiratet waren! Doch irgendwann können wir den heiligen Bildchen und Holzstatuen nichts mehr abgewinnen und planschen weiter Richtung Piazza del Campo. Auf dem Weg dahin gibt es natürlich unser tägliches Eis, eine Sache, die sich der Italiener an sich auch bei miesestem Wetter nicht nehmen lässt. Danach versuchen wir noch ein wenig zu Bummel und den perfekt fächerförmigen Platz mit seiner beeindruckenden Größe und dem überragenden Turm entsprechend zu würdigen, aber es ist wirklich so ungemütlich, dass wir ohne unsere rettenden Ponchos endgültig beschließen die Segel zu streichen.


Ab zu BMFY, Sitzheizung an! Zum Glück ist unser Saab Drei-wetter-Tough, denn mittlerweile kommt es wie aus Eimern von oben herab. Witterungen mit der nicht jede toskanische Straße zurecht kommt. Als dann auch noch Nebel aufsteigt wird die Fahrt ins Häuschen doch noch anspruchsvoller. Immerhin konnten wir die Do-It-Yourself-Esso-Tankstelle bezwingen und hatten so endlich wieder den Tiger im Tank. Von kleinen hungrigen Wildkatzen wimmelte es auch beim Agro-Weinbauern in unserer Nachbarschaft, der seinen Trank und Öl direkt verkauft. Die Preise zeugen jedoch von gesundem beruflichen Selbstbewusstsein, welches wir nicht in dem Maße erwidern.

Zuhause angekommen gibt es ein fürstliches Resteessen: Bruschetta della Tutti Speciale, nur der Verdauungs-Sonntagsfilm danach fehlt in unserem Offline-Glück. Franz überlegt, ob die DVD-Beilage der Sportbild vom letzten Sommer noch im Fußraum liegt, doch liest stattdessen Yvonne italienische Sportschmankerl aus seinem Buch vor, ehe es ans Bloggen geht (Erde an Petrus). Heute hat es so viel geregnet (bzw. tut es immer noch), dass morgen die Wolken eigentlich leer und hoffentlich verschwunden sein müssten. Wer es besser weiß - wir freuen uns auf Eure Kommentare!