Freitag, 30. April 2010

08 Florenz

Obwohl wir ganz in Ruhe früh um halb zehn aus dem Bettchen krabbeln, wird es dann doch noch ganz eng. Heute steht Florenz auf dem Plan, das etwa gut 70 km von unserem Häuschen entfernt liegt. Organisiert wie wir sind, haben wir natürlich schon Tickets für die Uffizien, dem italienischen Louvre, online gebucht, da wir keine zwei Stunden anstehen wollen. Unser Zeitfenster: 12.15 Uhr, dann haben wir Einlass.


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Die erste Hälfte der Strecke in die toskanische Hauptstadt verläuft wieder komplett über Landstraße. Wieder ist das Wetter großartig, die Aussicht atemberaubend (Yvonne: und der Gegenverkehr auch...). Die Straßen sind im guten Zustand, eine Kurve folgt der nächsten, es macht richtig Spaß über die Piste zu düsen (Yvonne: Als Beifahrer nicht), Virgin Radio haben wir bereits eingespeichert.
Die tollen Landstraßen stehen ganz im Kontrast zu den toskanischen Autobahnen. Eng, zweispurig ohne Standstreifen und im MISERABLEN Zustand. Die A40 ist das Paradies im Vergleich. Die Autostrada gen Firenze kennt Schlaglöcher, wie sie sonst nur die NASA erforscht. Nicht mal in der Nase bohren kann man, beide Hände umklammern das Lenkrad (Yvonne: hihi!). Immerhin – oder gerade deshalb – ist die Maut hier am billigsten: 40 cent, dafür lohnt sich der Aufwand auch nicht. Normaler Italo-Kurs bisher: gut 1 Euro pro 10 km! Allerdings nicht auf allen Streckenabschnitten. Tom-Tom glänzt wieder einmal, in dem er vor allen Blitzern lautstark warnt.



Die 12.15 werden knapp, als wir von Süden die Stadt hineinfahren. Das Zentrum ist verkehrsberuhigt, am Arno-Ufer finden wir jedoch nach einer ersten Erkundungsrunde einen zufriedenstellenden Parkplatz. Kostete das Stehen in Turin teilweise noch 4 € die Stunde, sind wir überrascht, dass wir für 7 € bis 18:45 hier so prima bleiben können. Pünktlich um Viertel nach 12 erreichen wir den Eingang der Uffizien, allerdings den falschen. Beim richtigen erfahren wir, dass der Holländer aus Deutschland mit dem französischen Namen entweder als 24-jähriger für die Hälfte, oder als Journalist für Umme reingekommen wäre, Yvonne auch. Egal, wir sind heute in der Mission als Touristen unterwegs und ignorieren auch genau so ahnungslos die „Fotografieren verboten“-Schilder im Gebäude. Wir sind schließlich in Italien, hier sieht man es mit der Pünktlichkeit wie mit den Verboten nicht so eng. Bevor wir jedoch richtig loslegen, brauchen wir ein kleines Frühstück, welches hier auf der Dachterrasse serviert wird. Danach schlendern wir durch die Gänge, freuen uns über Dürer, Cranach, Tintoretto, Tizian, da Vinci, Rembrandt und andere holländische Meister. Das Highlight sind natürlich Boticellis Venus und der Frühling.



Kunstvoll geht es auch nach Verlassen des Museums weiter: Auf dem Vorplatz stehen unzählige Repliken großer Meister herum, darunter der nackte David. Florenz ist von Touristen stark frequentiert, auch sehr touristisch wenn man sich die zig Souvenirläden und –artikel ansieht, allerdings nicht neppig wie Pisa. Wer an den gut sortierten Lederständen nichts kaufen will, wird nicht bedrängt oder überredet. Man kann angenehm bummeln und das tun wir, sogar mit Erfolg. Franz findet hier sein violettes, gut gefälschtes Trikotschnäppchen der Fiorentina, Yvonne unter anderem eine helle Lederhandtasche, die unauffällig der Prada Vitello ähnelt. Auch hier findet sich ein bronzenes Wildschwein, wir vermuten, dass das Wildschwein, was hier omnipräsent auch als Stofftier und Anhänger gehandelt wird, ein Zeichen der Medici war, können das aber mangels Internet und Italienischkenntnissen nicht nachprüfen. Jedenfalls streichelt Franz willige die schon blankgeriebene Schnauze – soll ja Glück bringen.

Vom Leder zum Gold: An der Ponte Vecchio machen wir nach unserem täglich Eis einen auf Schalke 04: Nur gucken, nicht anfassen. Ganz früher residierten hier die Fleischer, doch den Gestank waren die Herrscher bald Leid und siedelten Goldschmiede hier auf der noch erhaltenen Brücke an. Neben der, die wir in Bath bei unserer letzten Sommerreise gesehen haben, ist die Ponte Vecchio eine von vier noch erhaltenen bebauten Brücken in dieser Art weltweit.


Nach einem Bummel führt unser letzter Abstecher natürlich noch zum Duomo, der farblich auffällt. Grün-Weiß-Roter Marmor, Italiens Farben, zieren Dom, Campagnile und das Baptisterium. Hier manifestierte sich die geistliche Macht des alten Florenz, das der politischen Macht mit Uffizien und Palazzo Pitti, etc. also auch örtlich gegenüberstand.


Überall rüstet man sich für den morgigen Nationalfeiertag und wir merken, dass etwas Bevorratung für die kommenden Tage keine schlechte Idee wäre. Also schlendern wir shoppend zurück zum Auto und halten auf der Rückfahrt nach Volterra Ausschau nach einem Groß-Supermarkt, nachdem wir über eine Aussichtsplattform einen tollen Blick über Firenze werfen durften. Erst nach gut zwanzig Kilometern entdeckt Franz zwischen zwei Bäumen ein kleines Coop-Logo. Direkt die Ausfahrt genommen und mittendrin im Ausnahmezustand.



Mit Glück finden wir eine halblegale Parklücke in zweiter Reihe. Erst nach Minuten kann sich Franz noch einen freien Einkaufswagen krallen – Feiertag in Italien heißt nämlich „alles was drin ist“. Siebenspurig steht man im Markt teilweise nebeneinander, oft durcheinander – Szenen wie im italienischen Straßenverkehr. Es wird gegrabscht, gerochen, ausgetauscht, gerafft, progressiv angestanden und lauthals krakelt. Massen sind in Bewegung, alles wird in den Einkaufswagen geschmissen, viel ist eh nicht mehr übrig, obwohl es sich um einen Hypermarkt handelt. Salat? Seit Stunden ausverkauft. Brot? Nur noch das harte, aber immerhin typische, aus der Toskana. Tomaten? Nur die ganz kleinen. Wir lassen uns von der Apokalypse anstecken und finden endlich alle Köstlichkeiten, nach denen wir suchen und decken uns ein: Pesto, Pasta, Wein, Milch, Schinken, Salami, Käse, Öl, Essig, Gewürze, Dolci, Mozzarella, Gemüse, Backwaren, Basilikum – das Wochenende kann kommen. Alle Lebensmittel stecken hier unsere Feinkostfuzzies dreimal in die Tasche. Frische, Saftigkeit – und am Ende auch der Preis, sind unschlagbar. Hier bekommt alle Artikel nach Wunsch aus der Region, auch in Bio aber das ist gar nicht mehr nötig.



Hungrig fahren wir die letzte Streckenhälfte nach Hause. Die ach so tolle Landstraße ist bei Einbruch der Dunkelheit weitaus weniger attraktiv. Doch Ferrari-Franzo hat heute Schwein gehabt: Erst in Florenz eins gestreichelt, dann eine ganze Familie verschont. In einer schmalen S-Schikane überqueren ein Eber, eine Bache mit Frischlingen die Straße. Dank Fernlicht konnten wir anhalten und eine gute Reise wünschen, sonst hätte es die auch noch auf der Speiseplatte gegeben.
Die Haustür ist kaum auf, da kocht schon das Wasser für die frischen Ravioli. Wir lassen es uns gut gehen, zum Bloggen gibt’s heute zur Feier des Tages Schweinewein, und zwar einen 2008er Ventoso Morellino de Scansano (www.morrellinodescansano.it) samt Hausschwein-Etikett. Egal was die nächsten Tage kommt, wir werden nicht verhungern..., aber das dachtet ihr auch nicht, oder?